Die Ambraser Schlosskonzerte
Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik in diesem Jahr führen sie aber, getreu dem Leitmotiv «Wege», nach Venedig! Diese Kulturmetropole bildet das Herzstück der musikalischen Geschichten, die bei den Ambraser Schlosskonzerten im Spanischen Saal lebendig und mitreißend erzählt werden. Da gibt es eine starke Frau, die selbstbewusst ihren Weg ging, obwohl sie sich im Italien des 17. Jahrhunderts den damaligen Gepflogenheiten beugen und einige Schicksalsschläge einstecken musste.
Zum Auftakt der Ambraser Schlosskonzerte erzählen die in Tirol geborene Cembalistin Anne Marie Dragosits und ihr Ensemble Accademia degli Stravaganti musikalisch den Lebensweg der Komponistin Antonia Padoani Bembo (um 1640–1720). Diese führte ein äußerst untypisches Leben für eine Frau ihrer Zeit. Sie war Schülerin des Komponisten Cavalli und avancierte bald zum Star. Unglücklich verheiratet, flüchtete sie aus Venedig nach Paris, um am Hofe des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. Fuß zu fassen. Das Konzert «Eine Venezianerin in Paris» zeichnet den Lebensweg von Antonia Bembo und ihr kompositorisches Schaffen nach. Sopranistin Ulrike Hofbauer und Violinistin Leila Schayegh, beide hervorragende Meisterinnen ihres Fachs, stehen ebenfalls auf der Bühne.
Eine weitere bewundernswerte Künstlerin, nämlich Caterina Martinelli, genannt «La Caterinuccia», stellt das Schweizer Vokalensemble Voces Suaves in den Mittelpunkt des zweiten Schlosskonzerts. Im Alter von nur 13 Jahren verließ sie ihre Heimatstadt Rom und kam nach Mantua, um in Claudio Monteverdis Haushalt zu leben und bei ihm zu lernen. Schnell wurde sie zu einer beachteten Musikerin und Lieblingssängerin des dort regierenden Herzogs. Für die Hochzeitsfeierlichkeiten des Thronfolgers schrieb Monteverdi eine Oper. Die Titelrolle wurde Caterina Martinelli auf den Leib geschrieben. Doch diese Sternstunde der Musikgeschichte sollte leider nicht stattfinden: Caterina erkrankte schwer und starb kurz vor ihrem 19. Geburtstag. Ihr Tod sorgte für allgemeine Bestürzung und einen großen persönlichen Kummer bei Monteverdi. Doch nicht alle am Hofe teilten die Trauer. Quellen aus jener Zeit deuten darauf hin, dass «La Caterinuccia» nicht nur bewundert, sondern auch eifersüchtig beäugt wurde. Im Programm «Monteverdis Muse» stellt Voces Suaves die junge Sängerin in den Mittelpunkt.
Im dritten Schlosskonzert nimmt das italienische Ensemble Dramatodía das Publikum mit auf eine heitere Bootsfahrt von Venedig nach Padua mit einer illustren Gesellschaft. In musikalischlebhaften Dialogen treffen adlige Damen und Herren, Abenteurer, Kaufleute und Künstler*innen aufeinander. Dabei wird die Bühne zum barocken Musiktheater und die Sänger*innen schlüpfen in prächtige Kostüme. Unter der Leitung des Sängers und Multiinstrumentalisten Alberto Allegrezza, der bei den letztjährigen Festwochen für die Inszenierung und Ausstattung der Oper „L’amazzone corsara“ verantwortlich war, präsentiert das Ensemble Dramatodía das Programm «In bester Gesellschaft».
Schließlich können Sie auf «Traumreise» gehen oder besser gesagt, sich auf eine Reise begeben zu der man keine Koffer packen muss, sondern sich nur Zurücklehnen und der Phantasie freien Lauf lassen kann. Eine musikalische Richtung wird allerdings vorgegeben. Die Reise verbindet die beiden Meister Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldi, die sich in Wirklichkeit leider nie begegneten. Diesen Schlussakkord der Schlosskonzerte setzen die spanische Geigerin Lina Tur Bonet und ihr international besetztes Ensemble Musica Alchemica mit Concerti von «Bach & Vivaldi».