Eine Erneuerung des Marienkults breitete sich nach dem Konzil von Trient in der katholischen Welt aus. Die Heilige Mutter wurde von der gegenreformatorischen Strömung den Protestanten gleichsam als Galionsfigur entgegengehalten. Aus jener Zeit sind besonders viele Kompositionen der Marienverehrung überliefert. 1605 bestieg Camillo Borghese als Papst Paul V. den Thron des Stellvertreter Gottes auf Erden. Ihm widmete der Mantuaner Hofkapellmeister Claudio Monteverdi 1610 seine Missa „In illo tempore“ und Vesper „Della Beata Vergine“. Völlig überlastet von seinen Arbeiten für die weltliche Hofmusik in Mantua suchte Monteverdi einen Ausweg über geistliche Musik und hoffte mit ihr auf eine vatikanische Anstellung: mit einer Messe im damals in Rom gewünschten Palestrina-Stil, aber auch mit einer stilistisch viel breiter angelegten Vesper, in der er von traditionellen Kompositionstechniken bis zu hypermodernen Elementen des neuen konzertierenden Gesangsstils alle Nuancen seines meisterhaften Handwerks zeigt. Aus der Anstellung in Rom wurde nichts, aber die Welt hat wunderbare Kirchenmusik bekommen. Für Rinaldo Alessandrini, geschätzter Monteverdi -Spezialist unserer Zeit, entwickelte Monteverdi die Musik der Vesper aus dem vokalen Stil der weltlichen Madrigale, von denen er schon sechs Bücher in Mantua veröffentlicht hatte. So wie in den weltlichen Vokalwerken ist auch in der Marienvesper von der Liebe die Klangrede, wenn auch hier von der allumfassenden Liebe der Mutter Gottes.