
Il pomo d'oro
Oper in 5 Akten und einem Prolog von Pietro Antonio Cesti
Libretto: Francesco Sbarra
Uraufführung: Wien, 1668
Rekonstruktion der Musik der verschollenen Akte III & V:
Ottavio Dantone
Aufführung in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Eine Oper an zwei Abenden
Einführungsgespräch jeweils 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn
Die Barockoper par excellence
Pracht, Überfluss, Spektakel: Pietro Antonio Cestis «Il pomo d’oro» war schon bei der Uraufführung 1668 einzigartig – und zugleich ein nahezu unaufführbares Unterfangen. Der enorme Aufwand, die Vielzahl von Rollen und nicht zuletzt das Fehlen der Musik zweier Akte – nur das Libretto blieb erhalten – ließen die Oper im Laufe der Zeit zur Legende werden. Ottavio Dantone hat anlässlich des 50. Jubiläums der Innsbrucker Festwochen die fehlenden Teile aus Fragmenten und anderen Werken Cestis rekonstruiert, sodass diese Festoper zum Jubiläum zum ersten Mal seit ihrer Uraufführung wieder komplett erklingt – prachtvoll in Szene gesetzt von Fabio Ceresa und seinem Team.
An zwei aufeinanderfolgenden Abenden erzählen die Festwochen nicht nur von dem Prunk und Spektakel, die mit den Opern der Barockzeit allgemein und bei keiner so sehr wie bei «Il pomo d’oro» einhergingen, sondern zeigen auf der Bühne auch, wie es zu dem vielleicht berühmtesten Krieg der Antike kam:
Alle olympischen Gottheiten waren zur Hochzeit der wunderschönen Meeresnymphe Thetis mit dem Sterblichen Peleus geladen. Nur eine blieb außen vor: Eris, die Göttin der Zwietracht. In ihrer gekränkten Wut ersann sie einen Streich: Sie warf einen goldenen Apfel in den Festsaal – mit der verhängnisvollen Inschrift «Der Schönsten». Sofort beanspruchten Juno, Venus und Pallas Athene den Apfel für sich und entfachten damit einen Wettstreit, in dem göttliche Würde schnell allzu menschlicher Eitelkeit wich. Paris, der als Schönster aller Sterblichen galt, wurde von Jupiter zum Schiedsrichter im Streit um «Il pomo d’oro» bestimmt. Damit nahm eine Urteilsfindung ihren Anfang, die Cestis Oper über zwei Abende hinweg prägt: Intrigen, Rivalitäten und Liebesverstrickungen entfalten sich in funkelnden Szenen, während hinter all dem Prunk bereits der Schatten der kommenden Katastrophe sichtbar wird – des Trojanischen Krieges.
Doch die Oper ist weit mehr als eine bloße Zuschaustellung mythologischer Würde: Inmitten von Göttern, Heroen und Allegorien blitzen immer wieder Momente voller Komik auf. Die Olympier zeigen sich eigenwillig menschlich und herrlich «ungöttlich» – mit Eifersucht, Selbstlob und kleinen Bosheiten, die dem Werk beinahe kabarettistische Züge verleihen. «Il pomo d’oro» stellt so die beiden Ebenen himmlischer Pracht und irdischen Lebens dar, die mal miteinander verflochten, mal getrennt voneinander die Handlung bestimmen.
Historische Hintergründe
«Il pomo d’oro» wurde 1666 in Auftrag gegeben, um die Hochzeit von Leopold I. mit der Infantin Margherita Teresa von Spanien zu feiern. Da sich ihre Ankunft in Wien verzögerte und das Hoftheater auf der Cortina noch nicht fertiggestellt war, wurde die Aufführung verschoben. Ursprünglich sollte die Oper dann im Winter 1667/68 anlässlich der Geburt des Sohnes Ferdinand Wenzel aufgeführt werden; nach dessen frühem Tod im Januar 1668 verzichtete man naturgemäß auf die Feierlichkeiten. Schließlich wurde sie am 12. und 14. Juli 1668 zur Feier von Margheritas Geburtstag uraufgeführt und eine Woche darauf noch ein weiteres (und zugleich letztes) Mal auf die Bühne gebracht.
Der musikbegeisterte Leopold schrieb die Musik für Akt II, Szene 9 und Akt V, Szene 5 selbst; Johann Heinrich Schmelzer schrieb die Ballettmusik. Die «übrige» Musik schuf Cesti, der 1665 zum kaiserlichen Hofkapellmeister avancierte, zuvor an der Sixtinischen Kapelle und davor wiederum als Musikdirektor der Privatkapelle von Erzherzog Ferdinand Karl in Innsbruck wirkte. Die von Burnacini geschaffenen Bühnenbilder wurden nachträglich von Matthäus Küsel in Kupfer gestochen und in verschiedenen Ausgaben des Librettos veröffentlicht. Die Namen der Beteiligten der Uraufführung sind bis auf einen «Vincentino» – einen Kastraten, der die Rolle der Venus sang – unbekannt. Der Librettist Franceso Sbarra, der bereits in Innsbruck mit Cesti zusammengearbeitet hatte, bemerkte im Nachwort des denkbar aufwändig gedruckten Librettos:
«Nicht wenig trug zu dem Gelingen die Musik bei, welche von den ersten Virtuosen dieses Jahrhunderts aufgeführt und von Signor Cavalier Cesti, Ehren-Capellmeister Seiner Majestät, componirt war, welcher, stets bewunderndswerth in seinen Compositionen in dieser sich unerreichbar erwies.»
Mit seinen fünf Akten und einem vorangestellten Prolog, seinen in der ungekürzten Originalfassung nicht weniger als 47 Rollen und einer Gesamtlänge von einst mehr als acht Stunden, welche von den Innsbrucker Festwochen – wie zu Zeiten der Uraufführung – auf zwei aufeinander folgende Abende verteilt werden, gilt «Il pomo d’oro» als Inbegriff der barocken Hofoper. Seine Anforderungen stellen die meisten anderen italienischen Opern des 17. Jahrhunderts in den Schatten; selbst die aufwendigen Spektakel, die Lully für Ludwig XIV. schuf, verlangen nicht mehr. Die Vielfalt der Instrumentalbesetzung, der komischen und ernsten Elemente, der Arien und Ensembles, der Maschinen und anderer szenischer Effekte machen diese Oper würdig für die olympische Stellung, die ihr in der Geschichte der Oper seit Guido Adlers Herausgabe in den «Denkmälern der Tonkunst in Österreich» Ende des 19. Jahrhunderts zukommt.
Welch passende Oper also, um das 50. Jubiläum der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik zu begehen. Und wo, wenn nicht hier und unter der musikalischen Leitung von Ottavio Dantone, könnte die «Unaufführbare» wieder zum Leben erweckt werden?
























Besetzung
Rennweg 2, 6020 Innsbruck




